Die aktive Galaxie M87 mit Jet
Quelle: Space Telescope Science Institute
NASA and The Hubble Heritage Team

Aktive Galaktische Kerne

Astrophysiker gehen davon aus, dass, mit wenigen Ausnahmen, in jeder Galaxie ein zentrales supermassereiches Schwarzes Loch sitzt. Allerdings sind die uns nahen Galaxien nicht mehr aktiv, weil die supermassereichen Schwarzen Löcher nicht mehr intensiv mit Materie versorgt werden: Ohne heftiges Materieaufsammeln kommt der Aktivitätszyklus zum Erliegen. Unter dem Begriff der aktiven galaktischen Kerne (engl.: Active Galactic Nuclei - kurz AGN) werden bestimmte astrophysikalische Enscheinungen wie Quasare, Radiogalaxien, Seyfert-Galaxien und BL Lacertae-Objekte zusammengefasst. Ihre Schwarzen Löcher werden alle mit Materie gespeist, was dazu führt, dass der Kern extrem hell leuchtet.

Bei ihrer Beobachtung mit optischen Teleskopen sind AGN kaum von Sternen zu unterscheiden. Daraus lässt sich schließen, dass der Kern der Galaxie eine so hohe Leuchtkraft haben muss, dass er den Rest der Galaxie überstrahlt. AGN sind außerorgentlich starke Strahlungsquellen in großen Entfernungen von der Erde. Erst durch Analyse der Strahlung in verschiedenen Wellenlaengenbereichen ist man der wahren Natur dieser Objekte auf die Spur gekommen, denn erst im Verhalten in anderen Wällenlängenbereichen unterscheideen sich AGN von normalen Sternen.

Es wird angenommen, dass sehr massereiche Schwarze Löcher die Zentren von aktiven Galaxiekernen bilden und für die Erzeugung gigantischer Enegiemengen verantwortlich sind. Aktive Galaxien unterscheiden sich von normalen Galaxien dadurch, dass ihr Schwarzes Loch zur Zeit an Masse zunimmt, da Materie (interstellares Gas oder zerrissene Sterne) durch die enorme Gravitation des Schwarzen Loches angezogen wird. Aufgrund der Drehimpulserhaltung der sich annähernden Materie kann diese nicht direkt in das Schwarze Loch gelangen - es bildet sich eine Akkretionsscheibe. Durch Reibung heizt sich diese Scheibe auf, wobei Teile der Materie in dieser Ansammlung an Drehimpuls verlieren und in das Schwaze Loch fallen. Die Emission der aufgeheizten Akkretionsscheibe ist das, was man als typische Strahlung beobachten kann.

Die rechte Darstellung zeigt die Zentralregionen eines aktiven galaktischen Kerns nach heutzutage gängiger Vorstellung. Die wesentlichen Elemente eines AGN sind:

  • ein supermassives rotierendes oder nicht rotierendes Schwarzes Loch (Masse: einige 108-10 Sonnenmassen)
  • eine das Schwarze Loch umgebende Akkretionsscheibe, in der sich aufheizende Materie zum Zentrum hin spiraliert, bevor sie im Schwarzen Loch verschwindet
  • zwei einander entgegengerichtete hochrelativistische Plasmajets, in denen ein Teil der vom Schwarzen Loch angesogenen Materie entlang der Rotationsachse der Akkretionsscheibe ausgestoßen, beschleunigt und bis zu einigen hunderttausend Lichtjahren weit transportiert wird
  • Welches "Familienmitglied" der AGN man nun betrachtet hängt von dem Winkel zwischen Beobachter und der Achse des Jets im Galaxiezentrum ab (siehe Abb. unten). Bei den hochenergetischen Blazaren geht man von wenigen Grad von der Rotationsachse aus. Man sieht also direkt auf den Jet. Bei anderen Objekten (z.B. Seyfert-Galaxien) dagegen sieht man kein charakteristisches Signal der Akkretionsscheibe und keine stark verbreiteten Emissionslinien, da man hier im 90-Grad-Winkel zur Jetachse auf das Objekt sieht und somit der Staubtorus die Sicht auf die innere Region des AGN verdeckt.

    Unterschiedliche Bereiche diese Akkretionsscheibe-Jet-Systems strahlen Energie in den verschiedenen Bereichen des elektromagnetischen Spektrums ab.

  • extrem kurzwellige Gamma- und Röntgen-(X)-Strahlung liefert Information aus den innersten Gebieten, der "unmittelbaren Umgebung" des Schwarzen Loches
  • Ultraviolette, optische und Radiostrahlung stammt aus den etwas weiter entfernt liegenden Regionen der Akkretionsscheibe und aus dem Jet (Radioastronomische Untersuchung der Jets am Max-Planck-Institut)
  • es wird vermutet, dass der Jet in größerer Entfernung vom Kern durch so genannte "Schockwellen" im Jet-Plasma Röntgen- oder vielleicht sogar Gamma-Strahlung produziert
  • Diese elektromagnetischen Wellen sind nichts anderes als Licht, allerdings bei einer anderen Wellenlänge, die vom menschlichen Auge nicht mehr wahrgenommen werden kann. Die folgende Abbildung zeigt einen schematischen Ausschnitt aus dem Spektrum elektromagnetischer Wellen vom Röntgen- bis zum Radiowellenbereich.
    Quelle: Argelander-Institut für Radioastronomie

    Strahlung aus dem Weltall können wir mit Hilfe von Teleskopen auffangen und untersuchen. Das größte Problem hierbei ist, dass die Erdatmosphäre nicht alle Wellenlängen des elektromagnetischen Spektrums durchlässt, sondern einen großen Teil der Strahlung absorbiert. Die Durchlässigkeit der Atmosphäre für die verschiedenen Wellenlängen ist im oberen Teil der Abbildung dargestellt.

    Aktive galaktische Kerne wurden in früheren kosmologischen Zeiten gebildet und sind wegen der Expansion des Weltalls und der Endlichkeit der Lichtgeschwindigkeit bis zu Milliarden von Lichtjahren von der Erde entfernt. Dies wurde durch die Rotverschiebung der AGN bewiesen. Es wurden schon AGN mit einer Rotverschiebung von bis zu 6.43 entdeckt, die also sehr weit von uns entfernt sind und sich mit einer extrem hohen Geschwindigkeit weiter weg bewegen. Um die Strukturen von AGN und deren zeitliche Veränderlichkeit im Detail untersuchen zu können, bedarf es Instrumente mit sehr hohem Auflösungsvermögen.

    Aktuell wird diesem Anspruch nur im Radiobereich von Interferometern mit Basislinien, die nahe an den Erddurchmesser heranreichen, genügt. Die seit mehr als zwei Jahrzehnten im Dezimeter- und Zentimeter-Wellenlängenbereich durchgeführten VLBI (Very Long Baseline Interferometry) Beobachtungen verfügen über ein Auflösungsvermögen im Bereich von einigen Tausenstel Bogensekunden (z.V.: menschliches Auge - eine Bogenminute).

    Eine Steigerung des Auflösungsvermögens ist sowohl durch eine Vergrößerung der Basislinien (z.B. durch Einschluss weltraumgebundener Radioteleskope) als auch durch den Übergang bei Beobachtungswellenlängen in den Millimeterbereich moeglich. Dies ist nötig, um die Kernregionen untersuchen zu können.

    Ein weiteres Maß für die Bildqualität ist der Dynamikbereich (d.h. der Quotient der hellsten zur schwächsten nachweisbaren Intensität). Um dies mittels eines VLBI-Antennennetzes zu erreichen, sind mindestens zwei empfindliche Antennen mit großer Reflektorfläche erforderlich. Durch zukünftige Projekte wird es bald möglich sein, mit Beobachtungswellenlängen von 1mm Radiokarten zu erstellen und neue Details aus den inntersten Bereichen Energie produzierender AGN zu sehen.

    Das Max-Planck-Institut für Radioastronomie besitzt mit der 100-m-Antenne in Effelsberg (Bild rechts) das größte vollbewegliche Radioteleskop der Welt, das bis zu einer Grenzwellenlänge von 3,5mm betrieben werden kann. In Zusammenarbeit mit dem 30-m-Millimeterwellenlängen-Radioteleskop auf dem Pico Veleta nahe Granada bildet es die leistungsstärkste Antennenkombination.

    Aber woher nehmen diese wahrscheinlich existierenden Schwarzen Löcher die Energie bzw. Masse, die sie ins Weltall schießen und die sie zu den wahrscheinlich energiereichsten Objekten überhaupt macht? Diese wichtige Frage beschäftigt Astronomen auf der Ganzen Welt. Eine wahrscheinliche Theorie wird auf der nächsten Seite beschrieben. Galaxien wird neue Masse durch Wechselwirkung untereinander zugefürt.

    Diese Seite wurde 2006 von Roman Malchow im Rahmen eines Praktikums in der VLBI-Gruppe erstellt.